psychological safety

Psychologische Sicherheit

Warum psychologische Sicherheit zwar nicht wirklich neu, aber für Unternehmen besonders jetzt ein Wettbewerbsvorteil ist

Im Kontext von Diversität, Agilität, Innovation und Team-Performance spielt die wahrgenommene psychologische Sicherheit eine wesentliche Rolle. Psychologische Sicherheit bedeutet, keine Angst haben zu müssen, wenn man einen Fehler macht. Umgekehrt bedeutet es, Vertrauen in die Integrität und Wertschätzung der KollegInnen haben zu dürfen. Alle dürfen gehört werden. Sie erlaubt uns Risiken eingehen zu können, laut denken zu dürfen, Raum für Kreativität zu haben und wertschätzt Unterschiedlichkeit; Eigenschaften, die es für wirkliche Innovation und Marktmacht braucht.

Psychologische Sicherheit als Voraussetzung für agile, innovative Zusammenarbeit

Das Konzept der psychologischen Sicherheit wurde 1999 von der Harvard-Professorin Amy Edmondson begründet. Mittlerweile räumt man ihr einen hohen Stellenwert im Kontext von Agilität, Innovation und Diversität ein.  In einem Team mit hoher psychologischer Sicherheit, sind alle Mitglieder überzeugt, dass die Sicherheit zwischenmenschliche Risiken einzugehen, gegeben ist. Man könnte auch sagen, dass alle das Vertrauen in das Team haben, sich auch einmal einen Schnitzer leisten zu können. Psychologische Sicherheit ist weiterhin die Voraussetzung für kollektiven kreativen Austausch und kollaborative Zusammenarbeit.

Provokative Chefs, konkurrierende KollegInnen oder herablassende Mitarbeitende stellen für unser emotionales Zentrum eine Bedrohung da. Unser Gehirn geht in den Kampf-oder-Flucht-Modus. Das bedeutet, wir handeln sofort, ohne groß darüber nachzudenken. Strategisches Denken geht damit verloren.

Dazu kommt, dass gerade in diesen spürbar unsicheren Zeiten für viele Menschen das Gefühl von Sicherheit derzeit verloren geht. Corona, die wirtschaftliche Lage, der Verlust des direkten Austauschs mit FreundInnen und KollegInnen oder auch das Wien-Attentat vom November erschüttern uns. Gleichzeitig ist Sicherheit eines unserer psychologischen Grundbedürfnisse. Wir wollen uns auskennen, Vorhersagen machen können und Handlungsoptionen haben.

Die wesentlichen Aspekte von psychologischer Sicherheit

In Teams und Unternehmen mit einer hohen Ausprägung bei der psychologischen Sicherheit herrschen u.a. folgende Grundsätze vor:

  • Jede/r kann seine eigene Meinung äußern.
  • Fehler werden als Lernschritte gesehen.
  • Jede/r spricht gleich viel.
  • Es herrscht eine hohe soziale Empathie vor.
  • Jede/r kann seine individuellen Stärken einbringen.

Die Auswirkungen von positiven Emotionen auf unser Sicherheitsgefühl

Positive Gefühle wie Vertrauen, Neugier, Inspiration, Zuversicht und Selbstvertrauen erweitern unser Denken und helfen notwendige Ressourcen aufzubauen. Wir werden resilienter, motivierter und risikobereiter, wenn wir uns sicher fühlen. Humor erhöht die Wahrscheinlichkeit für kreative Denkprozesse. In diesen Situationen schüttet unser Gehirn wichtige unterstützende Botenstoffe wie das Oxytozin aus. Forschungsergebnisse aus der positiven Psychologie unterstützen diese These, dass positive Emotionen unser Denken erweitern.

Die Qualität der Führung als Einflussfaktor auf die erlebte Sicherheit

Wie so oft haben auch hier Führende eine Vorbildfunktion. Der Umgang miteinander und die Kommunikation untereinander spiegeln immer auch den Einfluss der Führungskraft auf die gelebten Werte, Konkurrenzdenken oder beispielsweise Freiraum für experimentelles, kreatives Arbeiten in einem Team wider.

Führung hat einen maßgeblichen Einfluss auf den Umgang miteinander. Aber auch die gegenseitige soziale Kontrolle kann als Korrektiv wirken. Wesentlich ist gerade jetzt, ein hohes Bewusstsein für die psychologisch gefühlte Sicherheit der KollegInnen und Mitarbeitenden zu haben. Ich denke, dass Zuhören, Nachfragen, regelmäßiger Austausch und Kontakt – auch online, sich nach dem Wohlbefinden der KollegInnen zu erkundigen, sind gerade jetzt besonders wichtig.

Psychologische Sicherheit im Team messen

Im Kontext von New Work und Agilität verändern sich auch die Meeting-Formate. Heute wird der Reflexion von weichen Faktoren der Zusammenarbeit bzw. der Beziehungsebene in einem Team wesentlich mehr Bedeutung eingeräumt. Es gibt eigene Meetingformate, in denen die Beziehung untereinander zum Thema wird. Solche Meetings oder auch Teamentwicklungs-Workshops sind ein Rahmen, die erlebte psychologische Sicherheit im Team zum Thema zu machen. Ganz einfach, indem es regelmäßige Fragerunden dazu gibt. Dabei können Sie zum Beispiel folgende Fragen nutzen, mit denen auch Paul Santagata, Head of Industry bei Google arbeitet:

  • Wenn ich einen Fehler mache, wird er mir vorgeworfen.
  • Wir können hier Probleme und kritische Themen ansprechen.
  • Manche Menschen werden bei uns abgelehnt, weil sie „anders“ sind.
  • In unserem Team kann man ein Risiko eingehen.
  • Ich fühle mich in unserem Team sicher.
  • ….

Mentimeter, ein kostenloses kollaboratives Befragungs-Tool (www.mentimeter.com) ist dabei tolle Möglichkeit, eine schnelle und vor allem auch anonyme Online-Abfrage zu machen und dann gemeinsam die Ergebnisse zu diskutieren.

Die wesentliche Erkenntnis von zwei Jahren Forschung zu High Performance Teams bei Google ist: Gute Performance in Teams hat immer eines gemeinsam, nämlich eine hohe psychologische Sicherheit.

Quelle

Richard McLean, Measuring Psychological Safety, Blog 07/2019

Manfred Wondrak, Psychologische Sicherheit – Definition und Forschung, Blog 02/2019